Als das Kind Kind war, ging es mit hängenden Armen, wollte Bach sein, ein Fluss, ein Fluss sein, ein Strom. Als das Kind Kind war, wusste es nicht, dass es Kind war, alles war ihm beseelt und alle Seelen waren eins.
(Peter Handkes Lied vom Kind-Sein)
Do Solis Rangel
GESTUTZTE FLÜGEL
Als ich Kind war, fielen die Bomben
und den Engeln erlahmten die Flügel
es ist so lange her, so lange her
Als ich kein Kind mehr war
fiel ein Engel für mich vom Himmel
ein Engel mit gestutzten Flügeln
da wurde ich wieder zum Kind
da erkannten wir uns beide
er war gesandt
Als mein Kind wurde er für immer Kind
mir zu zeigen wer ich bin
einer Mutter Kind, Kind-Mutter
Ich bin, ich wurde besondere Mutter
Mutter eines besonderen Kindes
es wollte Arzt sein, König oder Clown
wollte Bach sein, ein Fluss, der Fluss sein, ein Strom….
alles war ihm beseelt und alle Seelen waren eins
Ich wollte Künstlerin sein
Alles flog mir zu und alle Kunst war mir beseelt.
Lebenskünstlerin war ich schon immer.
Längst ist das Kind in mir erwachsen.
Mein Kind wurde groß und ich wurde klein,
meine Kräfte erlahmten.
Da kam jemand vom anderen Ende der Welt,
einer im weißen Gewand. Er versprach , uns zu helfen,
eine Zeitlang oder für immer.
Seit Corona verharrt er geduldig, wartet darauf zu fliegen.
Wenn die Zeit gekommen ist, werden ihm Flügel wachsen.
Do Solis Rangel
Ein Gedanke zu „GESTUTZTE FLÜGEL“
Liebe Renate, ich danke Dir, dass Du mein Gedicht in Deine homepage genommen hast. Das Gedicht liegt mir sehr am Herzen,ich bin gespannt, ob es Kommentare dazu geben wird. Denn bezüglich der Aussage darin sind wir beide uns ja einig, dass wir unsere Söhne schätzen, so wie sie sind und dass es durch die Tatsache, dass sie „besondere Menschen“ sind,zum Denken anregt.