Nichts hat auch was zu bedeuten
Siegfried Schreck
High Society in Massen
drängt sich in die Galerie,
und man feiert das Genie,
nur die dummen Kunstbanausen
lassen darauf einen sausen,
doch der Künstler bleibt gelassen,
und der Maler muss erklären,
deutet jeden Pinselstrich.
Und der Laie wundert sich,
alles bleibt im Ungefähren,
nichts hat auch was zu bedeuten,
ganz speziell bei feinen Leuten.
Was für wunderbare Farben,
welch ein Mann von Intellekt,
welcher Geist dahinter steckt,
muss man kaufen, muss man haben,
heimlich macht der Maler Striche,
niemand kommt ihm auf die Schliche,
aller Sachverstand im Eimer,
viel zu flüchtig Kunst studiert,
doch man gibt sich interessiert.
Madam, sagt der Pappenheimer,
was Sie auf den Bildern sehen,
spricht für sich, wenn Sie verstehen.
Nichts hat auch was zu bedeuten,
ganz speziell bei feinen Leuten.
Doch, man glaubt es zu erkennen,
schließlich ist man ja nicht blind,
das Zentrum, wo die Kleckse sind,
könnte man phantastisch nennen.
Außerdem sei das Abstrakte
etwas, das man nicht gleich packte,
toller Maler, und man sah dies,
unerreicht sein Pinselstrich,
hat gearbeitet an sich,
High Society, Quo Vadis?
Nur der dumme Kunstbanause geht,
so wie er kam, nach Hause.
Nichts hat auch was zu bedeuten,
ganz speziell bei feinen Leuten.
Später dann in seiner Stube
wird der Maler genial,
zündet musisch initial
und drückt Farben aus der Tube,
und sein Wellensittich wartet,
denn das Spiel ist abgekartert,
und er läßt den Sittich laufen
über Farben und Papier
und verspricht dem armen Tier
dafür einen Körnerhaufen.
Nichts hat auch was zu bedeuten,
ganz speziell bei feinen Leuten.
22.06.85 Siegfried Schreck
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