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Leipzig-Splitter und Leipziger Allerlei

Leipziger Splitter und Leipziger Allerlei

Der Elefant im Zoo fühlt sich eingesperrt, mag sein Gehege auch scheinbar groß genug sein.
Ein trauriges Zoo-Areal wird niemals reichen.

Die Besucherin auf der Buchmesse fühlt sich eingekesselt zwischen all den Manga-People
und Menschenströmen, mag auf den übervollen Brücken und Zugängen noch immer
Ausweich-Raum sein!

Sie versucht es im Bistro bei einem Glas Bocksbeutel mit Entspannung, aber ein Kloß im
Hals ist deutlich spürbar.
Zu viele Menschen an zu vielen Ständen ;
lieber trifft sie ihre Leser in kleinen Clubs oder Literatur-Salons.

Fühlt Wladimir Kaminer auf dem Blauen Sofa sich eingeengt bei den bohrenden Fragen
des Journalisten?

Seine mit russischem Mutterwitz flott erfolgenden Antworten lassen keine Rückschlüsse zu.

Nachts erst fühlen wir uns frei und kriegen kaum Beklemmungen.
Beim Schein der Sterne laufen wir kilometerlang durch dunkle Straßen zu Vorstadt-Lokalen.
Denn Leipzig liest in Kneipen und Cafes, Leipzig lässt Mandoline und Saxophon hören.

Vorbei an Design-Schulen, Gründerzeit-Vierteln, Brachfeldern, Plattenbauten, Antik-Läden,
verfallenen Fassaden, über denen die Abriss-Birne kreist, laufen wir uns frei, getrieben von
Worten und Metaphern unserer Muttersprache, nach einem Wegweiser zu den jungen Dichtern,
für diese undefinierbare Liebe zu irgendwem, zu irgendwas, die aufblitzt
wie Mondeslicht laufen wir meilenweit.

Renate Rave-Schneider, März 2018-
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