In Budapest am 9.11.2014
Das traditionsreiche Kaffeehaus der K & K Monarchie,
das Cafe Gerbeaud am alten Theaterplatz in Budapest
ist ein besonderer Ort: anachronistisch, still, nostalgisch.
Birnenförmige Kristalllüster, Marmortische und Spiegel
mit Einfassungen in verschiedenen Edelhölzern und
mit rotem Stoff gepolsterte Stühle, deren Lehnen
das Datum „Anno 1958“ tragen, vermitteln einen Hauch
von Luxus, Orientteppiche dämpfen die Schritte.
Viele Asiaten sieht man hier, die mit Digitalkameras
beschäftigt sind oder an ihren Laptops arbeiten, während
sie mit Kaffeetassen und Teekannen hantieren.
Man braucht eine kleine Ewigkeit bis man bemerkt,
wer der Interpret der pompös aufschäumenden
Klavierballade ist, die aus den Lautsprecherboxen
rieselt, zumal der Song auf Englisch daher kommt.
Udo Jürgens ist es mit „Was ich Dir sagen will, sagt
mein Klavier!“
Zwischen der nachfolgenden – vom Saxophon untermalten
Musik – kann man Textzeilen des Jazzklassikers „Lousiana
sunday afternoon“ heraus hören.
Aus dem Cafe heraustretend bemerkt man die umgebenden
hochherrschaftlichen Häuser, schöne Lampenpfähle aus
geschmiedetem Eisen davor, sieht noch grünes Laub an den
Bäumen, fast wie im Frühling.
Auf dem Theaterplatz herrscht an jenem Samstag Nachmittag
Trubel. Gleich drei verschiedene Musikstile lassen sich ausmachen:
Nahe einer Ladenzeile spielt ein Straßenmusiker Michael Jackson-Hits
auf seinem Sax. Ihm gegenüber hockt ein zehnköpfiges Gamelan-Orchester
auf dem Boden.
Und aus dem gläsernen Pavillon des Hardrockcafes rieselt gecoverte
Bob-Dylan-Musik aus dem Boxen.
Das Ganze vermischt sich zu einem eigenwilligen, melancholischen Sound.
Er passt zu den Kontrasten zwischen arm und reich, zwischen Luxus und
vegetieren mit einigen Habseligkeiten , was man in den Strassen Budapests
oft beobachten kann.